Agrypnie
16(485)



1. Figur 109-3


2. Der tote Trakt

Gefangen
Nur die kalten grauen Wände
Diffuses Licht
Sind Zeugen wie mein Geist zerbricht

Gedanken
Wie Klingen in der Seele
Stille dröhnt in meinen Ohren
Zerstört den letzten Funken Willenskraft

Phantasmagoria
Die Schwärze schluckt mein Augenlicht
Leere durchflutet meinen Angst zerfressenen Körper
Ich ersticke am Nichts
Und ich weiß nicht ob ich wache
Oder nur des Schlafes Opfer bin

Kein Reiz durchdringt die dumpfe Lähmung
Körper und Geist verfallen in Reglosigkeit
Sinne brennen im Rausch des Fiebers
Und ich wünschte mein Herz erstarre zu Eis

Stillschweigende Folter
Kein Ausweg aus Barrieren
Jeder Atemzug nährt die endlose Entartung

Entfesselte Chimären
Entstiegen aus den Schatten
Saugen den letzten Tropfen Seele in die Tiefe

Kein Reiz durchdringt die dumpfe Ohnmacht
Körper und Geist verfallen in Reglosigkeit
Mein Fleisch brennt im Rausch des Fiebers
Und ich wünschte mein Herz erstarre zu Eis

Gefangen
Nur die kalten grauen Wände
Diffuses Licht
Sind Zeugen wie mein Geist zerbricht

Gefesselt
Im Kerker meines Wahns
Niemals wird es Freiheit
Jenseits dieses Traktes geben


3. Kadavergehorsam

Inmitten ihrer Reihen
Doch gleichwohl aussen vor
Dem täglichen Trott Folge leistend

Leere Blicke aus rast- und ziellosen Körpern
Das Dasein siecht im monotonen Puls
Ein Kollektiv zerfressen durch das Gift des Materiellen

Mit jedem weiteren Tag deines Lebens in der Versuchung
Verdrängt haltlose Gier dein vormals eigenständiges Denken
Mit jedem weiteren Tag deines Lebens in Widerstand
Nistet sich Resignation
in dein einst eigenständiges Handeln

Kein Interesse mehr am eigenen Leben
Scharen sich die Sklaven um neue Götter

Sind nur noch Trugbilder ihrer selbst
Leere Blicke aus seelenlosen Körpern

Das Dasein siecht im monotonen Puls
Kadavergehorsam steht auf ihrer Stirn

Schwarzes Blut tropft aus der Nase
Abscheu strömt in deinen Venen

Du würgst den Ekel Zorn bebend hinunter
Und Stille quillt dir aus dem Munde

Wie viel glaubst du zu ertragen?
Wie viel Blendung lässt du zu?
Wie viel muss in dir noch sterben?
Wie viel Hass bezwingt dein Herz?


4. Verfall

Aufgeschreckt durch grässliche Visionen
Die Nacht zur frühen Stunde jäh beendet

Tief im Geiste nisten hungrige Schreckensbilder
Um sich gierig schlingend am Verstand zu nähren

Das haus getaucht in morgendliche stille

In den Ohren dröhnt noch immer
der Nachhall der Sirenen

Ich sah die Welt von morgen
in Scherben liegen
Zerstörung und Verfall
zerfraßen das entzweite Land

In Rot getränkte Leichentücher
Tropfen stetig von den gläsernen Ruinen
Letztes Zeugnis
Einer dem Untergang geweihten Zivilisation

Wühlt in Trümmern, sucht Erleuchtung
Sucht nach Zeichen in den Scherben
Hofft auf einen neuen Morgen
Ohne Todeshauch in euren Reihen

Ich sah die Welt von morgen
in Flammen stehen
Der Geruch von Fäulnis
durchzog das entzweite Land

Das Klagen der dem Unheil geopferten Seelen
Schallt in den Kratern im geborstenen Asphalt

Letztes Zeugnis
der auf dem Scheiterhaufen endenden Menschheit

Wühlt in Trümmern, sucht Erleuchtung
Sucht nach Spuren in den Scherben
Hofft auf Erlösung
Bevor die Zeit durch eure Finger rinnt


5. Schlaf

Wenn die Nacht den tristen Tag begräbt
Das Licht des Mondes die Dunkelheit flutet
Wenn die Schwere von meinem Herzen weicht
Mein Geist sich aus dem Kerker erhebt

Tiefer immer tiefer
Wiegt mich Schlaf sanft aus der Ohnmacht
Öffnet fest verschlossene Türen
Erleuchtet mir den Pfad

Tiefer immer tiefer
Wiegt mich Schlaf in eine andere Welt
Erfüllt meinen Geist mit neuem Leben
Löst all meine Ketten an das Irdische

Tiefer immer tiefer
Wiegt mich Schlaf sanft aus der Ohnmacht
Lockt mir Lichter an die Seite
Zauber körperloser Wesen

Tiefer immer tiefer
Wiegt mich Schlaf in eine andere Welt
Lässt mich sanft in Ruhe sinken
Lässt mich die Wirklichkeit vergessen

Umgeben von den nackten Wänden in meinem Schlafgemach
Erwarte ich in Sehnsucht die Rückker des Schlafes
Zähle das rhythmische Schlagen meines Herzens
Unterdrücke die Erinnerung an den vergangenen Tag

Führe mich hinfort von hier, befreie meinen Geist vom Fleisch
Reiße alle Wände nieder, führe mich in Morpheus Reich

Zeichnet sich bereits am Horizont das Morgengrauen?
Verlangt mein Fleisch den Geist zurück in alte Fesseln?
Verstummen schon die Stimmen fremdartiger Wesen?
Beginnt mein Albtraum abermals von neuem... würde ich erwachen?


6. Zorn

Meine Gedanken rasen
Während ich starr im Regen stehe
Und die Kälte meiner Kleidung
Schleichend in den Körper kriecht

Schreiend in Rage
Verliere ich meinen Verstand
Keine Menschenseele weit und breit
Verfolgt meinen inneren Kampf

Meine Gestalt wirft verzerrt
Ihren Schatten ins Licht der Laterne
Das tiefschwarze Abbild
Schluckt gleißende Lichtflut

Noch hege ich Hoffnung
Auf Antworten zu meinen Fragen
Doch lediglich rauschendes Prasseln
Durchbricht das Schweigen der Finsternis

Manchmal wünschte ich
Ich könnte nur ein einziges Mal
Den Lauf der Zeit zu jenem Morgen wenden
Als ich noch schuldlos und glücklich war

Manchmal wünschte ich
Ich könnte nur ein einziges Mal
Die Last von meinen Schultern lösen
Die Augen vor dem Jetzt verschließen

Manchmal wünschte ich...

Manchmal wünschte ich
Ich könnte nur ein einziges Mal
Den Lauf der Zeit zu jenem Morgen wenden
Als ich noch schuldlos und glücklich war

Manchmal wünschte ich
Ich könnte nur ein einziges Mal
Die Sehnsucht in meinem bleiernen Herzen
In stumpfe Leere wechseln

Meine Gedanken verstummen
Während mein Blick sich im Regen verliert
Und Rinnsale des Blutes
Aus zahllosen Schnitten entspringen

Wärme durchdringt mich
Stille frisst meinen Verstand
Keine Menschenseele weit und breit
Verfolgt meinen inneren Kampf

Meine Hülle sinkt entleert
Auf den Asphalt ins Licht der Laterne
Gleißendes Weiß
Löscht die Blindheit aus meinen Augen
Noch hege ich Hoffnung
Auf Antworten zu meinen Fragen
Doch lediglich rauschendes Prasseln
Durchbricht das Schweigen der Finsternis

Manchmal wünschte ich
Ich könnte nur ein einziges Mal
Den Schmerz und Hass den ihr gesät
Auf tausendfache Art vergelten

Manchmal wünschte ich
Ich könnte nur ein einziges Mal
Mit rotem Stahl das heuchlerische Lachen
Aus euren Gesichtern brennen

Manchmal wünschte ich...

Manchmal wünschte ich
Ich könnte nur ein einziges Mal
Den Schmerz und Hass den ihr gesät
Auf tausendfache Art vergelten

Manchmal wünschte ich
Ich könnte nur ein einziges Mal
Die Macht über eure Seelen an mich reißen
Euren Blick in meinen Abgrund richten


7. F15.2

Stürme, die Stimmen bringen
Die Sonne versinkt am Horizont
Feuer, erleuchten die Schatten
Die Luft raubt dir den Atem

Und du schmeckst die Asche auf den Lippen

Blitze, die den Himmel brechen
Der Regen schwärzt den zerborstenen Boden
Nebel, der Bestien weckt
Der Donner lässt deinen Körper erbeben

Und du spürst die Kälte in den Gliedern

Wohin du auch gehst
Was immer du auch tust
Dein Denken und Handeln
Sind getrieben von den inneren Gezeiten
Und dein machtloser Geist
Zerrinnt im Sog der lockenden Versuchung

Fluten, die Pfade verschlingen
Kein Grün birgt mehr das nun öde Land
Schwingen, durchzucken die Wolken
Die Gischt zerschneidet dein bleiches Gesicht

Und du spürst das Schneiden aus dem Körper

Was einst war liegt nun in Trümmern
Dein Morgen neigt sich dem Untergang
Ein letzter Blick zurück auf die von dir erzwungen Pfade
Bevor die Zeit dein Dasein löscht

Wohin du auch gehst
Was immer du auch tust
Dein Denken und Handeln
Sind getrieben von den inneren Gezeiten
Und dein klägliches Fleisch
Schält sich im Feuer der Verführung


8. Morgen

Mein Blick schweift in die Leere
Schleier vernebeln meine Sinne
Im schwachen Schein der Lampe
Suche ich die richt'gen Worte

Was sind schon diese Zeilen
Wenn der Morgen kommt.
Wer denkt noch an das Gestern
Was heißen diese Stunden
Wenn der Schlaf sie raubt
Wohin bist du mein Leben

Sekunden münden in Stunden
Und die Erinnerung treibt hinfort
Was bleibt sind schwindende Worte
Im rinnenden Morgenrot

Vergessene Augenblicke
Aus längst vergangenen Tagen
Ziehen haltlos an mir vorüber
Ohne Rast und Wiederkehr

Schaudern durchdringt meinen Körper
Reißt mich zurück in dieses Dasein
Ein letztes Wort bevor der Schleier
Den Schein der Lampe löscht


9. 16[485] / Brücke aus Glas

Der Grenzfluss aus deinen tausend verdrängten Gedanken
Im Dunst des Abends liegt er weit doch klar vor dir,
Und aus der Ferne schon scheinen wie Berge die Planken.
In deinen Träumen warst du wohl schon tausendmal hier.

Hinter dem Fluss wird das Land sich weiten,
dort werden in Stille die Stürme schweigen.
Du und die Zeit, ihr lauft euch ewig davon.
In dir fließt der Rubikon,
Und darüber die Brücke aus Glas.

Vom anderen Ende der Welt bricht die Nacht herein.
Wer den Schritt wagt, sollte den Weg noch erkennen.
Du tötest die Zeit und treibst davon.
In dich mündet der Rubikon,
in dir steht die Brücke aus Glas.

Steinerne Fäden, gemauert im Staub deiner Schwächen,
binden und lähmen dir jeden der mühsamen Schritte.
Dies ist dein Fluch, das Kind deiner alten Versprechen,
Und du weißt, du bist in ihrem Bund nur der Dritte.

Vertreibe die Ohnmacht, du ahnst, dass am Ende der Reise
Wohl weniger wartet, als du auf den Wege verlässt. Und die Schemen,
die zweifelnd in Tränen am grauen Ufer dir winkten, sie
werden dir folgen. Und trotzdem: die Welt wird sich wandeln.

Keine Grenze der Erde wirst du überqueren,
So weit die Schritte dich auch tragen.
Gefangen in Freiheit bist du,
der Zwilling des Theseus mir scheint,
und der schönen Ariadne Fäden seh' ich,
deutlich und helfenden Herzens gesponnen
über einer Brücke aus Glas

Am anderen Ende der Welt bricht das Licht herein
auf den weiten Ebenen ungesehenen Landes
stehst du, außerhalb von allen Zeiten,
in einem Meer aus dünnen Scherben.
Hinter dir dein Rubikon,
vor deinen Augen
eine neue
Brücke aus Glas.


10. Figur 109-1



Lyrics in plain text format



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