Nocte Obducta
Karwoche - Die Sonne der Toten pulsiert



1. Sonne der Toten

Es zieht ein Zittern durch die Katakomben
Der Ritt der Hexe, der Geschmack von Metall
Hinab die Stufen
Wo Abgründe rufen
Und ein Seufzen im All

Das Lied der Lenden lacht aus den dunklen Heiden
Die Zungen blauen Feuers suchen die Haut
Gleißende Mauern
Wo Abgründe lauern
Die dem Sünder vertraut

Des heißen Leibes Eisen in lichtlosen Grotten
Der Ruf der schwarzen Ziege hallt durch tiefe Wälder
Zwischen zu blassen Sternen sammeln sich die Stürme
Sie schicken Träume über wogende Farnfelder

Das Salz der Tiefe perlt von bebenden Tempeln

Die Sonne der Toten pulsiert
Mit dem Herz, das im kosmischen Chaos erwacht
Und sich taumelnd im Mahlstrom verliert
Der uns ausspeit im Land einer anderen Nacht
Das faulige Leuchten verglüht
Am Gewölbe, das über den Ebenen sacht
Im Licht junger Gestirne erblüht
Mit der Glut, die im Herzschlag der Toten entfacht


2. Drei gemeuchelte Sommer

Vor meinem kleinen Herzbluthaus im kalten, schwarzen Wald der Welt
Da habe ich nach langem Frost drei Leichen ausgegraben
Nun liegen sie in meinem Bett im Schlaf, den man nur einmal schläft
Und spüren meine Maden nicht, die sich an ihnen laben

Oft sitze ich den ganzen Tag und halte kalte Hände nur
Und endlich peinigt Trauer mich und quält mit tausend Fragen
Die Leichen bleiben stumm und kalt, sie sehen meine Tränen nicht
Man hatte damalas sie beweint, nachdem ich sie erschlagen

Der nächste Sommer kommt bestimmt
Doch wozu noch Sommer, wenn er mir nur alle Wärme nimmt


3. Karwoche

Die Sonne sinkt hinter die Stadt
Badet Schindeln einen Augenblick in Licht
Wo Mauern schon im Meer der blauen Schatten waten
In ruhiger Kühle ungezählter Flügeltüren
Die Moder in die stillen Gassen atmen

Mancher Seelen letztes Abendmahl ist selbst an Küssen karg
Und manches weiße Hochzeitsbett am Morgen schon ein Kindersarg
Denn wenn das Leben zäh verzagt und jäh in seinem Lauf verharrt
In Hoffnung auf den Zuspruch von Erlösern, die frisch aufgebahrt
Dann sind die stillen Stunden zwischen Blüten wieder Warten
Das ewige Vertraugen auf Verrat allein im Garten

Zünde dir noch eine Zigarette an den Totenlichtern an
Denn der Friedhof ist der schönste Park der Stadt
Es gibt keine Eltern, keine Kinder, keinen Sommer mehr
Vielleicht kommt noch ein Winter
Vielleicht ist Gott auch blind und fett und satt
Ein toter Koloss mit ergrauten Jüngern
Der seinen Sohn verlassen hat
Siehst Du die Berge
Vielleicht kommt noch ein Winter
Glaube an nichts
Erst Berge
Und dann das Tal dahinter


4. Birkenpech

Strähnen rußigen, rotbraunen Goldes
Zwischen Laub vom letzten Herbst und seufzenden Kronen
Unter dem Alabaster der formlosen Kuppel
Die hinter Hügeln ins Helle fließt

Eisblaue Augen und brüchiges, tauendes Milchglas
Auf träumenden Tümpeln
Eben und beinahe erstarrt
Im sich zum Heideland öffnenden Wald

Katzenhaft lauernde Wangenknochen
An den Ufern von Neuscheeinseln
In herben Spätwinterlandschaften
Am Rande des murmelnden Moors

Zart gezeichnete Außenlinien gegen die samtenen Nebelbänke
Schneiden lauernd das wabernde Warten
Aus sattem Erdreich greifen Hände
Kleinste Schwestern aller Sonnen am Ende von hölzernen Knochen
Die Leinenfetzen getränkt
In Nahrung


5. Blutmond Nemesis

Die blutrote Ruhe, die trügerisch träge und zäh ihrer Zähmung entrinnt
Gräbt unaufhaltsam fließend sich durch die Nacht, wo das Land eures Schlafes beginnt
Die Jagdhunde wittern den Angstschweiß auch schon
Und der Himmel hallt hässlich in Wahrheit und Hohn
Nun wartet in Demut und Furcht auf die Morgensonne

Bald kauernd in Gruben, bald hetzend durch Flure, zerklüftet und seltsam vertraut
Dort hinten am Hang hatte euch doch vor Zeiten der Schlaf eine Zuflucht erbaut
Aber nun hat Morpheus euren Frieden verschenkt
An den Bruder des Schlafes, so betet und denkt
An die Stunden der Schonfrist nach Aufgang der Morgensonne

Unter einem blutenden Mond
Ist jede Nacht eine Jagd
Dort wo eure Nemesis thront
Und ihr keine Masken mehr tragt


6. Conamara Chaos

Wo Gräben, Risse alles sind
Da gibt es keine Richtung
Keine Landmarken
Da gibt es nur den stumm schreienden Wind

Zerklüftet und der stillen Schwärze zugewandt
Verloren zwischen Allem und der Nichtigkeit
Erfroren in Zerrissenheit
Ein untoter Trabant
Eis ist die Seelen
Eis ist das Land

Das Eismeer zwischen Wunsch und Wille
Ein harsches Hindernis, das bleibt
Ein Würgegriff in Totenstille
Ein Chaos, das auf Trägheit treibt
Ein Augenblick
In Zeit erstickt
Und doch
Die Sehnsucht, dass im Eis ein Weg, der gangbar, klafft
Wollen ist Wünschen mit Kraft


7. Balder

Die Gletscher hauchen heiser Lieder übers Eis
In Nächten singen
Sie noch vom Tod
Vor fernen Gipfeln schleicht sich Leben in das Weiß
Die Morgen bringen
Das erste Rot

Der Frost der Sterne stürzt im Dunkel auf das Land
Die Himmel offen
Zu Weiten kalt
Das Dach der Tage trägt ein blassblaues Gewand
Es regt sich Hoffen
Im nahen Wald

Der formlos gleißende Kristall vom Raureif überzogen
Ruht über dürren Krallen, die sich dürstend nach ihm recken
Sein Glühen senkt sich auf das Tal in nebelhaften Wogen
Die bis zum Waldrand wabern und die ersten Sträucher wecken


8. Schwarzbier und Feigen


Erst jetzt, da eine allererste Ahnung von Herbst jeden Morgen mit nebligen Klauen ganz langsam den Sommer zurücktrieb in Erinnerung und Worte, sah ich, dass ich meine Fesseln verloren hatte. Irgendwo dort draußen auf den schimmernden Ackern der Unbefangenheit. Irgendwo zwischen pulsierenden Liedern und nach Wasser lechzenden Wiesen. Zwischen handwarmen Fassaden vertrauter Gemäuer und raunenden Flüssen. Zwischen dampfenden Straßen und stickigen Turmzimmern. Zwischen zeitlosen Träumen und achtlosen Worten.


Ein höllischer Sommer verglühte in den Feldern und irgendwer hatte wohl auch den Kamin abgebrannt. Wir saßen in Zimmern, die uns gar nicht kannten, und malten unsere Schatten mit Blut an die Wand. Aus Büchern, die scheinbar Geschenke darstellten, tanzten trunken Elfen in schwindligen Reigen. Sie sangen von Freundschaft und den Boten des Herbstes. Und wir nickten einander zu bei Schwarzbier und Feigen.


Wir standen in den Feldern bei Sonnenaufgang. Ein leichtes Frösteln kroch in die Knochen des Sommers und strich durch den Morgentau, und an den Abenden verblutete die Sonne bei den Hügeln am Horizont. Ein Licht, das fast greifbar war, tropfte wie Nektar aus den schleichend erkaltenden Himmeln auf ihre Silhouetten... und hinten bei den Urnenfeldern, leise und doch durchdringend, sang ein Traum ein Lied für seine Königin:


"Komm, lass uns Urnen pflücken geh'n
Ein ganzer Tag für uns allein
Vielleicht ist ein Ring für dich dabei
Und du sollst meine Urnenkönigin sein..."



Lyrics in plain text format



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