Agrypnie
Metamorphosis



1. Wir Ertrunkenen - Prolog


2. Wir Ertrunkenen

Beständig erschallt das tiefe Grollen als Vorbote des Sturms
Schwer hängen die Wolken am von Blitzen gezeichneten Horizont
Wir bieten trotzig dem nahenden Ungetüm die Stirn
Gleichwohl wissend ist unser Schicksal doch schon lange besiegelt

Ein letztes Loblied auf unbeugsamen Mut
Ein letzter Schluck benetzt brennend die Kehle
Ein letztes Blecken der Zähne ins Angesicht des Schnitters
Ein letzter Blick schweift gedankenvoll gen weit entfernter Heimat

Ohrenbetäubendes Kreischen gefriert uns das Blut in den Adern
Kaltschnäuzig peitscht uns wütend der Regen
Das erfrorene Fleisch von den Knochen
Laut ächzend bricht das modernde Holz
Die See empfängt uns mit offenen Armen
Die Hoffnung versinkt in den Fluten
Das Tritonshorn erklingt aus der dunklen Tiefe

Und unerbittlich durchflutet die See unsere krampfenden Körper
Endlose letzte Sekunden im aussichtslosen, ungleichen Kampf
Unsere Schreie ersterben in rauen Kehlen
Die Kälte raubt uns die Sinne
Gnadenvoll empfängt uns die Dunkelheit

Versöhnlich zeigt sich die ruhende See bei Morgengrauen
Die bittenden Blicke sehnsüchtig rastend am goldenen Horizont
Stunden um Stunden schwindet die brüchige Zuversicht
Und mit dem letzten Lichtstrahl des Tages
Erlischt auch der eisernste Glaube


3. Verwüstung

Ein Blitzeinschlag in deine Seele
Um dich herum zerbricht deine Wirklichkeit
Der Körper gelähmt, unmöglich die Flucht
In Ketten dein Geist, blind dein Instinkt

Jäh erstreckt sich vor deinen Augen der bodenlose Abgrund
Namenloses Grauen durchbricht die sicher gewähnten Barrieren
Erbarmungslos von der Endgültigkeit in die Knie gezwungen
Hier und jetzt endet dein Leben in der Verwüstung

Deine Welt versinkt in tiefe Finsternis
Das Flüstern im Kopf ist deine einzige Wahrheit
Knöchern der Kerker, die Venen dein Strick
Die Atmung stockt schwer und dein Augenlicht schwindet


4. Am Ende der Welt - Teil 1

Es ist viele Jahre her, da stand ich am Ende der Welt
Mein Name erklang in der tosenden Brandung
Lockend die Stimmen, die von der Tiefe berichteten

In den uferlosen Armen der erhabenen Fremde gewogen
Gewichen die fortwährende Finsternis
Lichtüberflutet die mich treibende Strömung
Des Zweifels erhaben und im Gleichklang mit den herrschenden Gezeiten
Die Tiefe des Tals vor den Augen, verwegen der feste Schritt in die Leere

Es ist viele Jahre her, da stand ich am Ende der Welt
Rauschend der Sand in der endlosen Wüste
Verschwommen der Blick auf die flimmernde Weite

In meinen Träumen spüre ich noch immer die Umarmung
Scheint das ferne Licht noch zyklisch durch das Glas
Doch sind die Nächte schwarz und ohne Zwiegespräche
Und die Tage fallen wie die Blätter eines achtlosen Kalenders
Spurlos dieser Tage Geister für immer verschwunden
Das Gedenken dieser Tage Wunder schon lange verwelkt

Die Klinge tief im Fleisch, der Schmerz raubt die Sinne
Der Brandung letztes Echo getilgt durch weißes Rauschen
Der Zauber des Einklangs erloschen
Meines Herzens Schwere entströmt meinen Adern

Es ist viele Jahre her, da stand ich am Ende der Welt
Mein Blick fiel in die Tiefe, entlang der schroffen Klippen
Lockend die Stimmen, die noch heute von der Tiefe berichten


5. Skulptur aus Eis

Unzählig die endlos verwinkelten Gänge
Kein Weg führt mich zurück zur letzten Gabelung
Die hohen Mauern erstrecken sich unüberwindbar bis weit zum Horizont
Von jenseits der Korridore erklingen dumpf entfernte Geräusche
Mein Blick durchdringt nur vereinzelt
Die so rar gesäten, eingelassenen gläsernen Wände

Deine zärtliche Hand berührt zaghaft das Glas von der anderen Seite
Kaum erwidere ich deine Geste, gefriert die Fläche unter meiner eiskalten Hand
Jäh erblasst dein schönes Antlitz, geebnet von mir deinen Weg in den Tod
Glanzlos deine einst strahlenden Augen, dein Körper gefriert zur Skulptur aus Eis

Wie das eines Fremden erscheint dir dein Leben
Beim Blick auf die vielen Jahre zurück, du erhoffst zu erwachen im Damals
Doch verloren für immer die scheinbar so sorglose Zeit
Und jeder Schritt gewinnt immer mehr an Bedeutung
Der Druck lastet schwer auf dir, einsam der Weg deiner Entscheidungen

Verwirrt und ohne Ziel wie das im Käfig siechende Tier
Kein Leuchtfeuer erhellt die im Schatten liegenden Pfade
Deine Bewegungen führen dich scheinbar vorwärts
Doch einzig und alleine trittst du für immer auf der Stelle

Unerbittlich verfolgt mich das grausame Bild deines Todes
Nagend zwingt mich die bodenlose Schuld in die Knie
Schwindend mein Wille weiter durch die einsamen Gänge zu ziehen
Unaufhörlich kriecht die eisige Kälte in meinen gegeißelten Körper

Meine Bewegungen ersterben, der Lebensstrom versiegt
Unbeschritten und für immer im Dunklen die noch vor mir liegenden Gänge


6. Metamorphosis

Durchdringend der Blick meiner Reflektion
Im fließenden Gewässer
Der Strom verharrt in Gedanken
Beim Schritt über die schimmernde Grenze
Der Wandel durchbricht den Stillstand des Flusses
Treibt mich zurück an die Oberfläche
Wieder verdrängt die Erkenntnis
Verschlossen die Augen, blockiert den Verstand

Der Blick meines Zerrbildes trifft mich erneut
Fordernd bleckt es die Zähne
Mein Schatten erscheint vom Mondlicht geworfen
Langsam wie stark verfremdet
Die Geräusche gedämpft
Einzig das Krachen verformender Knochen erhallend
Verzweifeltes Brüllen bahnt sich den qualvollen Weg
Aus meiner heiseren Kehle

Steigend die Spannung der kochenden Haut
In Fetzen mein Antlitz gerissen
Das Fieber der Jagd kontrolliert die Reflexe
Triebgeleitet vom inneren Drang
Von tosender Raserei überwältigt
Erstickt das Rauschen des Blutes die Welt
Im Bann der zügellosen Wut
Verkümmern die menschlichen Züge

In Ketten mein duldsames Dasein gelegt
Der Wandel gänzlich vollzogen
Befreit vom nagenden Zweifel
Der Schwere des leidenden Herzens
Die Leere eurer polemischen Phrasen
Sind lange schon ohne Bedeutung
Entschlossen blickt mir im Rinnsal entgegen
Des Scharfrichters verfeindete Miene

Zwischen den gläsernen Bauten
Durch die nächtlichen Straßen streunend
Ausgemergelt der gezeichnete Körper
Wirr der heimgefundene Geist
Erneut befreit aus den Ketten
Doch jeder Wandel raubt ein Stück meiner Selbst
Und grausam die Bilder der Heimsuchung
Meiner in eure Kehlen gestoßene Krone


7. 3327

Ein letzter Blick aus dem offenen Fenster
Hinab auf das Leuchten der strahlenden Stadt
In der Luft liegt der nahende Abschied
Der Schleier des Nebels trübt meinen Geist

Zu früh ist unsere Liebe erloschen
Das letzte Weltliche im Leben verschwunden
Die Zukunft versiegt in dieser Nacht
Am Ende tilgen die Schatten das Licht

Gebrochen deine glanzvollen Flügel
Gebrochen mein einsames Herz


8. Melatonin

Ich muss zurück zum alten Haus
Die alten Lampions im Garten sehen
Die uns einst Bilder ferner Sterne waren
Denn keiner meiner fernen Sterne hält mich mehr

Ich muss zurück zum alten Haus
Wo unter Treppen Fotoalben stehen
Vergilbte Tore in ein altes Glück
Doch alte Tore schützen nicht und gehen schwer

Wieder und wieder und wieder
Wenn die Sonne sinkt, ruft das Haus
Singt die vertrauten Lieder
Und der Tag speit mich gnadenlos aus

Ich bin zurück im alten Haus
Es ist der Keller, der die Lieder singt
Doch als die Kellertür sich schließt
Hinter mir

Ist da nur Stein, der stumm nach Atem ringt
Wieder und wieder und wieder
Ist da kein Ton, der Altes wiederbringt
Nieder und nieder und nieder


9. Untergang

Flackernde Bilder im Takt der Sekunden
Gefesselt der leere Blick, Mantren in den Ohren
Das Licht aus grellen Kegeln, die Mauern hoch wie Türme
Platz an Platz in langen Reihen
Im vollen Gang die Gleichschaltungsmaschinerie

Kein Einspruch auf den Lippen, die Dogmen programmiert
Gelöscht die eigene Meinung, die Moral längst aufgegeben
Durchsetzte Haut von Nadeln, der Körper ausgezehrt
Süchtig nach der Flut der Reize siecht die triste Lebenszeit dahin

Hinter den verdunkelten Gläsern der Empore
Lechzend schweifen die Blicke über die Reihen
Labend am Gehorsam der betäubten Geister
Labend an der eingepflanzten Angst vor allem Anderen

Eines Tages sprengst du die Ketten
Ein Funke von Freiheit entzündet deinen Verstand
Die Jahre fast gänzlich verwirkt
Deinen gemarterten Geist trifft hart die bittere Erkenntnis

Vergiftet die Böden, die Wälder gerodet
Leblos die Meere, der Globus steht in Flammen
Das Leben weicht dem Nutzen, die Vielfalt stirbt im Einerlei
Gedankenlos gen letzten Morgen, längst rückwärts läuft die Zeit

Hinter den verdunkelten Gläsern der Empore
Lechzend schweifen die Blicke über die Reihen
Labend an der Habsucht der gesteuerten Figuren
Labend am selbstinduzierten Untergang des Lebens


10. Am Ende der Welt - Teil 2

In den Weiten des mir fremden Landes
Verwischte das Meer die Spuren meines Weges
Als ständiger Begleiter die Einsamkeit an meiner Seite
Sirenengesang erklang im Lied der Wellen

Eines Tages stand er dort am Rand der Welt
Wie ein Monument erschien sein Schatten auf den Felsen
Die Stirn in tiefen Falten und Grau das lange Haar
Doch klar der weise Blick und in den Mundwinkeln ein Lächeln

Sein Körper glich einem Leuchtturm, der der stetigen Brandung strotzte
Welle um Welle schlug ununterbrochen gegen die schroffen Klippen
Beinahe regungslos, von rauer Gischt eingehüllt
Lag ruhend sein Blick auf die Ferne gerichtet
Es schien, als beschwöre er die Macht der Gezeiten
In meinem Kopf erklangen dröhnend mahnende Worte

Kehre den Augenblicken nicht zu schnell und sorglos den Rücken zu
Immerwährend reißt dich der Strom der Zeit in den Sog des Vergessens
Zerbrechlich wie dünnes Glas unter dem Druck von sich stützenden Händen
Die Illusion einer gleichmäßigen Beständigkeit deines Lebens

Sein Fall glich einem Apostel von der stetig rauen See unterspült
Erhobenen Hauptes hielt er die Arme weit geöffnet
Sein Antlitz verschwand in den tosenden Brandungswellen
Kaum ward der Augenblick vergangen
Erschien die Begegnung wie ein Trugbild

Versunken sein Körper in der Tiefe
Versunken der Nachhall seiner Worte


11. Wir Ertrunkenen - Epilog



Lyrics in plain text format



Main Page Bands Page Links Statistics Trading list Forum Email Zenial